Was bedeutet Erfolg?


Vortrag im Rahmen des Multiplikatoren-Programms der Stiftung für Grundwerte und Völkerverständigung am 20. Juni 2020 in Frankfurt a. M.

Unsere Begegnung findet im Rahmen des Multiplikatoren-Programms für Grundwerte und Völkerverständigung statt. Das Thema des Vortrags und anschließenden Austauschs lautet: Was ist Erfolg? Was sind Deine Erfolgskriterien? Wie erreichen wir eine Völkerverständigung über Werte? Was sind Deine Werte? Was ist, wenn Werte postuliert werden, das Leben sich aber nicht danach richtet. Was, wenn die Orientierung unseres Lebens an Werten nicht zu gesellschaftlichem Erfolg führt. Was ist, wenn Werte nicht er-lebbar sind, in dem was wir täglich tun? Was ist, wenn wir keine Übereinstimmung erreichen zwischen den Werten unseres Menschenbildes und den Erfolgskriterien des Systems. Was ist, wenn die Sehnsucht nach Werten nicht die Herzen erreicht bzw. nicht zu einer Transformation der sogenannten Realpolitik führen?

Am Anfang war das Weltbild könnte man sagen. Alles hängt davon ab, wie es begann. An welches Weltbild glaubst Du? Ist Dir bewusst, dass Du eine Wahl hast, für welche Wahrheits- und Interpretationsquelle Du Dich entscheidest und das mit dieser Entscheidung der Maßstab über Erfolg und Misserfolg Deines Lebens aufgerichtet ist?

Mit den Erfolgskriterien, an die Du Dich bindest, schaffst Du Dir also Dein eigenes Gericht.

Eine Persönliche Frage: Lebst Du in der Fülle oder der Knappheit der Ressourcen? Glaubst Du, dass Dein Leben ein Geschenk ist oder ein Kampf um den besten Platz an den Fleischtöpfen dieser Welt?

Leben – Bürde oder Geschenk?

Im Februar 2019 wird von einem jungen Mann berichtet, der seine Eltern verklagte, weil sie ihn ohne seine vorherige Zustimmung auf die Welt gebracht hätten. Er warf ihnen vor, ihn nicht gefragt zu haben, ob er leben wolle. Was soll man dazu sagen? Offensichtlich empfand der Betroffene sein Leben als eine Zumutung, – eine Bürde, für die er sich nicht freiwillig entschieden hätte. Er klagte gegen seine Eltern auf Ersatz des Schadens, der ihm daraus entstehe. Das Leben verursache ihm Aufwand, Kosten und Leid. Soweit die Geschichte.

Quelle: https://www.theguardian.com/lifeandstyle/shortcuts/2019/feb/05/consent-being-born-man-suing-parents-for-giving-birth-to-him

Wie empfindest Du Dein Leben – als Chance oder als Last. Wann und in welchen Bereichen ist es Bürde und wann ist es Last? Was würdest Du dem Mann in der o.a. Geschichte sagen? Ist unsere Geburt nicht wirklich ein Akt der Unfreiheit, der an uns vollzogen wird, ohne unsere Beteiligung? Sind wir nicht gezwungen, uns mit dem Leben abzufinden und dazu verurteilt, daraus einen Erfolg zu machen? Was sind die Kriterien? Prüfen wir das mal:

Zunächst müssen wir feststellen; wir müssen nicht leben! Jede/r kann aufhören zu essen und zu trinken und dann ist es nur eine Frage weniger Tage und unser Leben ist beendet. Warum tun wir es nicht? Es würde Disziplin, Leidensfähigkeit und ein Anarbeiten gegen das Überlebensprogramm der Physis erfordern, mit dem wir, – unfreiwillig -, ausgestattet sind. Wir sind auf Leben programmiert.

Je nachdem wo wir aufwachsen, werden wir durch Wahrnehmung von Unterschieden, z.B. zwischen Arm und Reich, aufmerksam auf die Insignien des Erfolgs. Wir lernen, wie die Eltern zu denjenigen, die sie für erfolgreich halten, aufschauen und werden entsprechend motiviert, Eigenschaften zu erwerben, die uns ein komfortables, spektakuläres oder sinnvolles Leben versprechen.

Erfolg ist inhaltlich konkretisiert durch Attribute, die wir an unseren Vorbildern beobachten und durch deren Kriterien wir uns konditionieren lassen. Was aber geschieht, wenn es aussichtslos erscheint jemals das Niveau der Schönen, Reichen und Mächtigen zu erreichen? Wenn denn die Segnungen eines angenehmen Lebens nicht zugänglich sind oder wir uns ihnen nicht anpassen möchten, dann wollen wir wenigstens eine spektakuläre Opferrolle einnehmen. Was aber ist, wenn sich niemand für unsere dramatischen Opfer-Inszenierungen interessiert? Dann bleibt nur das Selbstmitleid oder das Warten auf Erlösung.

Kommen wir zurück auf die o.a. Geschichte des Anklägers seiner Eltern: Dem Mann fehlt offensichtlich ein plausibles Motiv, sein Leben anzunehmen. Ihm fehlen Kriterien, Sinn, heute sagen wir „Purpose“ und so klagt er die scheinbaren Urheber bzw. Schöpfer seines Lebens an. Sind die Eltern die Urheber? Wenn wir es genau nehmen, stecken die Eltern ja im gleichen Dilemma, denn auch sie wurden ja nicht gefragt hinsichtlich ihres Willens auf diese Welt zu kommen. Sie wurden auch nicht gefragt, ob sie genau dieses Kind haben wollten, dass sie nun anklagt und vor Gericht zieht. Sie könnten ja auch den Sohn verklagen, weil er kein dankbarer oder erfolgreicher Mensch geworden ist. Wir sehen, die Fragen gehen immer weiter im Sinne eines infiniten Regresses. Hinter jeder Ursache steht eine andere Ursache.

Wie finden wir für diese Schlüsselfrage einen Adressaten, ein geeignetes Gegenüber. Wen hast Du als ultimative Instanz für den Erfolg Deines Lebens gewählt?

Wir bezeichnen diese Sinnfragen oft als „letzte“ Fragen, obwohl ihnen eigentlich der erste Rang zukommen sollte. Sie sollten am Anfang unseres beruflichen Lebens stehen.

Von der Suche nach dem Wesen im Sein – wie ging es mir persönlich?

Ich empfand mich in der Konfrontation mit meinem Lebensmotiv immer als mittellos Gestrandeter. Als Kind lebte ich in dem Gefühl, „ich gehöre hier nicht hin.“ Ich bin auf dem falschen Planeten gelandet. Für meine Sehnsucht und Leidenschaft gab es nach meiner Empfindung keine Entsprechung. Nur damit kein Missverständnis aufkommt, ich hatte sehr gute Eltern, die mir alle Chancen eines erfolgreichen Lebens boten. Dennoch fühlte ich mich als Gefangener des Lebens. Ich lief mehrere Male von zu Hause weg. Dabei kam ich jedoch nicht weiter als zu meinen Großeltern, die 10 Minuten von uns entfernt wohnten. Dort hatte ich den Eindruck, mich der Beobachtung und den Ansprüchen meiner heimischen Umgebung entziehen zu können. Es war wie eine temporäre Entrückung, abgeschirmt vom Zugriff des Performance-Drucks auf meine Seele. Die Großeltern wirkten gelassener und ruhiger auf mich. Sie strahlten eine Brise von Reife und Lebensweisheit aus. Sie waren einfach nur da, hörten zu, lasen ein Buch oder arbeiteten im Garten. Es war so, als hätten sie das Schlimmste oder Beste, je nach Perspektive, hinter sich. Sie erschienen bewährt und sprangen nicht auf jede „Sau, die durchs Dorf getrieben wurde.“ Meistens riefen sie heimlich bei meinen Eltern an, damit sie sich keine Sorgen machten. Nach kurzer Zeit ging ich wieder nach Hause.

Anschließend versuchte ich mich wieder in die Sorge um das tägliche Brot des Lebens einzufügen, bis die nächste Hürde kam. Eine besondere Enge empfand ich immer dann, wenn ich mich in einem Umfeld befand, wo ich beurteilt wurde und worin man nur bestehen konnte – wenn man bestimmte Erfolgskriterien erfüllte oder Verhaltensweisen an den Tag legte, die irgendwie festgelegt schienen. Aufführungen auf der Bühne des Kindergartens, Weihnachtslieder vorsingen, Sportabzeichen, Prüfungen jedweder Art, stellten Geburtskanäle dar, an deren Ende man das Licht der Sonne nicht von einem entgegenkommenden Zug unterscheiden konnte. Bestanden oder nicht bestanden entschied über Zuwachs oder Verlust von Würde und Wertschätzung, Trennung von Freunden und Liebesentzug.

Bei Hausaufgaben oder Schulprüfungen war es ganz extrem. Wenn ein Lehrer hinter mir stand und auf mein Blatt blickte, war ich wie gelähmt und wusste gar nichts mehr. Versagensangst? Ja, aber auch einfach das Gefühl, keine Wahl zu haben. Fragen beantworten zu müssen, die mich nicht interessierten oder berührten. Fragen, die mir andere stellen und deren Antworten schon feststehen. Was sollte daran interessant sein?

Manchmal machte es auch Spaß, insbesondere wenn ich gute Chancen hatte ganz vorne mit dabei zu sein. Zuweilen fühlte ich mich herausgefordert und wollte es den eingebildeten Lehrern bzw. dem System beweisen. Dann spürt man den Reiz des Triumphs und des Sieges, der jedoch nur kurz anhielt und dann einen schalen Beigeschmack hatte.

In dieser Gespaltenheit zwischen „excellent performer“ und „refugee of the system“ (Verweigerung) muss man lernen, sich in den Erfolgskriterien des Lebens einzurichten. Manche nennen das „Pragmatismus.“ Fest steht, – diese Form des Strebens um Anerkennung kostet viel Kraft und auf dem Siegerpodest stehen nur wenige. Die meisten müssen irgendwie lernen, in der zweiten Reihe zu sitzen. Die Looser sind immer in der Mehrzahl. Was ist das für eine Gesellschaft? Tief im inneren bleiben Angst und Zweifel, weil man spürt, dass diese Form des Überlebens- bzw. Existenzkampfes nichts mit dem eigentlichen Leben zu tun haben kann. Da kommt keine wirkliche Verbindung zwischen dem Ich und Du zustande. Man begegnet sich nicht als Person, die einzigartig und wertvoll ist, sondern man muss es, – ja was eigentlich (?), beweisen. Man begegnet sich als Wettkämpfer um die Trophäen der Anerkennung. Man spürt, dass man sich nicht im Herzen begegnet, sondern sich dauernd mit Dingen und Verhaltensweisen beschäftigen muss, die nicht den Kern des Lebens treffen. Es geht mehr um Schein als um Wahrhaftigkeit. Alle wissen um diese innere Not, aber keiner wagt sie zu offenbaren. Keiner reicht uns die Hand. Keine/r lässt die Maske fallen. Die Sache scheint alternativlos zu sein.

Doch gibt es immer wieder Momente, da flackert das Feuer der Hoffnung auf. Wenn die Seele diese andere Kraft spürt, die die Mauern im Herzen durchbrechen will. Da bricht mit Macht eine Leidenschaft hervor, deren Quelle das Potential hat, die Welt zu verändern. Sternstunden des Menschseins. Wie entscheide ich mich? Habe ich eine Wahl?

Ich entschied mich, die Wahl meiner elterlichen Herkunft anzunehmen. Es galt zu studieren, Geld zu verdienen, Rendite zu erwirtschaften, ein erfolgreicher Unternehmer zu werden – und wenn es denn unvermeidbar ist, – auch Steuern zu zahlen. Dann galt ich als nützliches und geachtetes Mitglied der Gesellschaft. Damit verbunden war die Erwartung, den Vorsitz bestimmter Verbände anzustreben, sich regelmäßig in der Zeitung zu äußern und als Redner und Interviewpartner gefragt zu sein. Dann ging es darum mit Chauffeur vorzufahren, wie die anderen CEOs. Ganz „wichtig“ war man, wenn man mit Privatjet oder Hubschrauber zu wichtigen Terminen transportiert wurde. Dann Ende 50 wirkt man darauf hin, dass man Auszeichnungen wie z.B. das Bundesverdienstkreuz erhält, Gastprofessor wird oder im Kuratorium von mindestens einer philanthropischen Stiftung auftaucht.

Wenn man diesem Weg stringent folgt, dann steht irgendwann auf dem Grabstein: Er hat sich immer für seine Firma aufgeopfert, behandelte seine Mitarbeiter stets fair, lebte ein erfolgreiches und erfülltes Leben und hat sich große Verdienste um sein Land erworben.

Wie kann jemand behaupten, diese Form des Lebens sei nicht das „eigentliche“ Leben? Woher sollte eine Alternative kommen?

Versuchen wir es mal aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Können wir uns einen Referenzrahmen vorstellen, in dem ein Scheitern ausgeschlossen ist? Gibt es ein Menschen- oder Weltbild, das uns ohne die Kriterien von Erfolg und Scheitern zu einem erfüllten und gelungenen Leben führt?

Erfolgsmodelle im „Ich-Bewusstsein“

Wenn wir herangewachsen sind, irgendwann „ich“ sagen und ein Bewusstsein entwickeln für die Wahrnehmung der Zusammenhänge, die unser Leben bestimmen, dann landet das, was ich für meine eigene Kindheit als Seelenlage oder Not beschrieben habe, im Bewusstsein. Ich selbst konnte Schritt für Schritt erkennen, warum sich meine Eltern und Mitmenschen so verhielten, wie sie es taten. Ich konnte ihre Kriterien des Erfolgs lesen und auch meine eigenen Motive darin reflektieren und verorten. Jedoch fand ich nur wenige Verbündete, die bereit waren, ebenfalls ihre Wunden zu zeigen und sich der Fragwürdigkeit der vorherrschenden Erfolgskriterien zu stellen. Nur dann, wenn wir unsere Motive bekennen und aufrichtig über ihr Zustandekommen sind, können wir uns „persönlich“ begegnen, (actus directus) unverkleidet, nackt.

Nackt läuft man nicht gerne herum.

Warum eigentlich? Woher kommt die Angst? Warum schämen wir uns, uns so zu zeigen, wie wir sind. Weil man Angst vor dem Urteil hat. Weil man gelernt hat sich zu schämen, wenn man die Kriterien nicht erfüllt. Weil wir uns ängstigen verletzt zu werden. Wenn wir aber Alle vor dieser Angst kapitulieren, werden wir uns niemals persönlich begegnen, sondern immer nur Rollen bzw. Theater spielen, nach den Regeln des Systems, an dem wir selbst mitwirken. Wir bleiben hinter dem Vorhang oder vor dem Bühnenbild einer Inszenierung, die uns wie eine unsichtbare Hand voneinander isolieren. Es spaltet uns innerlich seelisch wie auch in den sozialen Rollen. Wir lachen übereinander oder gemeinsam mit unserer Identifikationsgruppe, aber nur selten lachen oder weinen wir miteinander. Was Sozialität genannt wird, ist oft nur eine Komplizenschaft unter Lobbyisten bzw. Egoisten. Wir teilen das Leben nicht miteinander, sondern schauen einander beim Leben zu, warten auf unseren Vorteil oder lehnen uns im Kinosessel zurück, bis die Anderen sich blamieren. Dann freuen wir uns, dass wir nichts falsch gemacht haben.

Wir spüren aber dennoch, dass es da noch etwas Anderes geben müsse, jenseits der Bühnen und jenseits des physischen und sozialen Lebens.

Leben ohne Scham – Wissendurst statt Mutterbrust

Wenn dieser Seelenhunger nicht adäquat gestillt wird, hat das Folgen. Die ganze Gemeinschaft gerät in ein Ungleichgewicht. In der westlich-naturwissenschaftlich geprägten Kultur, sucht sich der ungestillte Hunger/Durst der Seelen in mehreren Bereichen Ausdruck bzw. Linderung für die Not.

1. Wissensdurst: Man interpretiert die Leere als Mangel an Wissen und setzt sich zum Ziel, diesen Mangel durch Bildung zu beseitigen. Falls Bildung nicht zugänglich oder als zu mühsam in der Erarbeitung angesehen wird, schlägt sich die Sucht …

2. in der medialen Gerüchte- und Spekulationsküche nieder. Verschwörungsbilder treten an die Stelle des klaren Denkens. Man braucht ein Bild, in dem man sich verorten kann. Der…

3. Bereich ist die Wirtschaft. Mithilfe des Geldes = Kapital investiert man in die irdischen Ressourcen und versucht daraus einen Gewinn zu erzielen – im Sinne eines „Mehr“ im Hinblick auf Wohlstand, Sicherheit und der Kontrolle über die Zukunft (Erfolg). Der …

4. Bereich ist die Medizin, – neuerdings die Biotechnologie. Hier sucht die Seele nach ihrer Herkunft, Bestimmung, – einem Ideal des Menschen, der mit KI aufgerüstet, Schwächen vermeidet, Krankheit übersteht, Schmerz vermeidet und Tod verdrängt.

Nun könnte man in jedem Bereich der Gesellschaft (Kunst, Philosophie, Theologie etc.) einen Teilaspekt der Suche der Seelen nach ihrer Bestimmung identifizieren.

An dem grundsätzlich empfundenen Mangel scheinen jedoch all die ausdifferenzierten Kompensations- und Bewältigungssysteme nichts zu ändern. Das deutet darauf hin, dass die Art und Weise der Versuche die Sehnsucht zu stillen, nicht die richtige Instanz adressieren. Die Anstrengungen sind nicht auf das adäquate Ziel oder Gegenüber gerichtet, das die Leere füllen kann. Sie beziehen sich nur auf die menschlich-natürliche oder rationale Seele- auf die Immanenz. Der transzendente Teil der Seele, der, der als einzigartiger Wesenszug (Gabe=Charisma) des Schöpfers in uns präsent ist, kommt nicht auf seine Kosten. Die göttliche Seele findet in unserer Art des („erfolgreichen“) Menschseins keinen adäquaten Ausdruck.

Die natürliche Seele versucht die „Erfolgskriterien“ für gelungenes Leben dem Verlangen der göttlichen Seele anzupassen. Sie erkennt ihr göttliches Wesen aber nicht, weil sie durch den Geist der Verwirrung (Sünde) von ihr getrennt ist. Dieser Mangel kann nur durch die Anerkenntnis eines anderen Menschenbildes behoben werden. Die Bestimmung und Entsprechung dieses blinden Flecks der Seele kann nur in dem Urheber der Sehnsucht selbst gefunden werden. Gestatten wir es uns bei IHM zu suchen oder uns von IHM finden zu lassen? Wenn wir unserer Sehnsucht nach Annahme begegnen, begegnen wir IHM, weil sie von IHM kommt – genauer gesagt, sie ist ER. ER ist sie. ER ist das Wesen dieser Sehnsucht und wir sind die Geschöpfe dieses Schöpferwesens – SEIN Ebenbild. Dieses göttliche Ebenbild in uns (göttliche Seele) möchte sich mit dem Schöpfer und durch IHN mit all den anderen Seelen (in den SEIN Wesen Ausdruck findet) verbinden und sucht nach Einheit – nicht nach Bestätigung durch Erfolgskriterien.

Erfolgskriterien grenzen aus – Gnade schließt ein

Eine Bestätigung von außen benötigt sie (Gnade, Einheit) nicht, weil sie verbunden ist, bevor das Denken des Menschen an Gut, Böse, Erfolg, Misserfolg eingesetzt hat.

Es geht darum, dass sich das Ich als bedingungslos angenommener Mensch schon vorfindet. Diese Annahme wir persönlich für jeden Menschen in der Begegnung mit Christus. Glaube heißt in diesem Sinne, sich in SEINEM Wesen zu erkennen, aus der die Sehnsucht und Fülle des Lebens beständig hervorgeht. In diesem Wesen erlebt das Ich nun auch im Gegenüber, im Du das Wesen der Annahme. In dem Wesen der Annahme kann es sich nun mit dem Du aller anderen Menschen als gleichgeschätzte Person verbinden. Es weiß sich in einem Leib mit den Anderen. Dieses Ebenbild des Menschen umfasst das Leben als Einheit aller Kreaturen. Der Empfang dieses Lebens ist uns als Geschenk unseres Schöpfers zugedacht, dessen Urknall und Ausgangspunkt Annahme und voraussetzungslose Liebe war. Sie kennt keine Scham und kein Versagen an Erfolgskriterien. Sie kennt weder Täter noch Opfer noch andere Kriterien, die Menschen und Mitwelt voneinander trennen oder Hierarchien etabliert. Sie durchbricht die Mauern, die unsere Sehnsucht von ihrer Entsprechung trennen und schenkt uns erfülltes Leben.

Ggf. an diesem enden Punkt … in der Diskussion optional dann noch weiter …

Gott – die lebensverändernde Simulationshypothese

Der Zugang zur segnenden Wirkung des Lebens wird also bestimmt durch die folgende Kernfrage: Glauben wir – und das heißt – leben und entscheiden wir auf Grundlage der Annahme, dass unser Dasein und die ganze Wirklichkeit aus dem Wort, – dem Geist Gottes hervorgegangen ist. Stellen wir unser Leben unter die Annahme, dass die Bibel Gottes Offenbarung ist und der Inhalt das Wirken Gottes im Leben SEINES Volkes und seiner Geschöpfe, – des ganzen Universums, beschreibt. Leben wir unter der Annahme/Simulationshypothese, dass unser Leben nur auf Gottes Bestimmung hin Wirkung und Bedeutung, d.h. Erfolg, hat?

Wenn ER die Quelle des Lebens und aller guten Taten ist, dann bedeutet Misserfolg, den Verlust dieser Glaubensrealität. Wenn wir das Fundament dieser Simulationshypothese verlassen, d.h. aus unserer göttlichen Bestimmung als SEINE Geschöpfe heraustreten, schalten wir jeglichen Sinn des Seins aus. Was dann übrig bleibt ist ein Zeitraum von der Geburt bis zum Tod für eine Existenz nach Kriterien, die über sich selbst nicht hinausweisen. Sie sind bloße „Biologie“ in einem von Lebensgefahr und Versagensängsten begrenzten Zeitfenster des Strebens nach imaginärem Erfolg.

Gibt es für unser Leben eine Quelle, deren Wasser unseren Durst wirklich stillt?

Was wäre, wenn es eine Entsprechung für unsere Sehnsucht gäbe, die uns so erfüllt, dass wir keine Erfolgskriterien mehr benötigen, an denen wir unsere „Lebensleistung“ orientieren müssten, um gut auszusehen. Was, wenn es ein Spiegelbild gäbe, in dem wir immer gut aussehen, auch wenn wir nicht nach bestimmten Kriterien geschminkt und herausgeputzt sind. Wo findet unser Streben, um unserer selbst Willen geachtet und wertgeschätzt zu sein, den Raum, in dem es zu Würde und Heilung findet.

Wüstenwanderungen – das Referenzsystem der ungestillten Bedürfnisse

Der Weg, um zu einer Erkenntnis zu gelangen, lässt sich als ein innerer und äußerer Akt beschreiben. Die Bibel spricht im AT von einer „Wüstenwanderung“ des Gottesvolkes Israel in das gelobte Land. Im Neuen Testament lesen wir von der „Nachfolge“ der Jünger/Innen auf dem Weg in das kommende Reich Gottes.

Der Weg führt in beiden Fällen durch Entbehrung, – man könnte auch sagen durch die Ablösung oder Erlösung von den Bindungen an das, was uns selbstverständlich, bequem und verlockend erscheint. Sobald wir danach greifen, erleben wir jedoch einen sofort einsetzenden Leistungsdruck, der uns anfällt und mehr will. Nennen wir es das „Referenzsystem der Täuschung der unstillbaren Bedürfnisse“, der Maßlosigkeit der Triebe und des sinnlichen Verlangens, dass kein Genug kennt. Der Weg aus diesem Referenzsystem führt durch die Stille der Wüste. Wüste heißt, dort gibt es keine Fleischtöpfe und goldenen Kälber, sondern dort sind wir von allen Ablenkungen und Erfolgskriterien befreit. Dort erleben wir ausschließlich die Gegenwart Gottes. Wir erleben, dass ER uns mit all dem versorgt sind, was uns sonst nur durch Leistung und Erfüllung von Bedingungen erreichbar erscheint. In der Abwesenheit der Idole, die sich der Mensch selbst erschaffen hat, um sich als Erfolgsmensch zu inszenieren. In der Stille der Wüste begegnen wir der Heiligkeit Gottes und erleben Frieden und Ruhe. Die Seele kann bei Gott ankommen. Von IHM kommt sie und zu IHM strebt sie hin.

Zum Abschluss:

Persönliches Zeugnis

Ich wurde durch meine Bekehrung in meine göttliche Bestimmung eingesetzt. So begann eine neue Phase meines Lebens, in dem sich mir der Adressat meiner Sehnsucht offenbarte. Mit SEINER Erscheinung vor meiner Seele, wurden mir die Augen geöffnet und mein Schreien nach Liebe und Erkenntnis findet nun sein Gegenüber. Mit meiner Bekehrung – der Hinwendung Gottes in Christus (dem menschgewordenen Gott) erfuhr ich, wer ich bin und das ich für IHN da bin. Ich bin da, weil ER mich braucht, um andere Menschen mit SEINER Gnade zu erreichen. Von da an begann eine neue Schöpfung. Die Erkenntnis meiner Geschöpflichkeit ist das, worauf ich mich berufen kann. Nicht, weil ich es erkennen könnte, sondern weil ER sich in ihr zu mir bekennt. ER erfüllt mein Herz und reinigt es täglich von der Versuchung zur Komplizenschaft mit den falschen Erfolgsbildern. ER „richtet“ diese falschen Bilder von meinem Dasein und „errichtet“ das Christuswesen in mir. Christus verbindet mich jeden Tag neu mit allen Menschen und Situationen, die mir begegnen. ER stellt mich ins richtige Bild durch den Heiligen Geist, der mir hilft, mich erinnert und ermahnt, wenn ich abgleite in die weltlichen Verhaltensmuster.

Mit dieser – „Wiedergeburt“ genannten Neugründung des Lebens jenseits von Erfolgskriterien sind wir befreit von der Täuschung über die Bedeutung des Lebens. Erlösung nennen wir das, weil der alte Zustand eine Gefangenschaft oder Bindung in einer Illusion – einen Krankheitszustand darstellt. Von dem Moment der Bekehrung an wird unser Gewissen von moralischen und religiösen Bindungen befreit und der Heilige Geist (Jesu Wesen) tritt an die Stelle des Gewissens, der Moral und der Erfolgskriterien.

SEINE Kriterien sind nicht Konformität, die durch Anpassungs-Leistung erreicht wird, sondern durch die Transformationskraft des Opfers Jesu am Kreuz. Durch IHN kommen wir vom Tod zum Leben. ER schenkt uns göttliche Würde und Vollmacht jenseits von Kriterien, die uns durch Sozialisation gesetzt sind. ER drängt uns nicht in eine Rolle oder religiöse Riten. Sein Drehbuch ist Befreiung, Heilung und Lebensfülle. Wenn wir aus dem Geist Jesu leben, schöpfen wir aus dem Vollen. Wir leben in SEINER Fülle, nicht in einer Knappheit von Ressourcen. Legen wir diese Lüge ab und beginnen wir IHM für die Gnade zu danken.

Fülle heißt, es gibt kein Ende, es gibt immer genug, weil ER die Fülle ist, weil sie in IHM unerschöpflich ist. Sie ist das wahre und ewige Leben. Das ist damit gemeint, wenn wir von der Kanzel hören: Wir sind eine neue Schöpfung in Christus.

Solange Du das nicht erlebst, bleibt diese Sprache ein wenig „strange“ oder abgehoben, aber wir wollen die Sache auch nicht herunterschrauben auf die Sprache des Zeitgeistes. Der Zeitgeist ist so weit von leeren Erfolgsvokabeln durchdrungen, dass die göttliche Seele darin keine Ausdrucksmöglichkeit mehr findet. In Christus zu leben heißt, unser Menschenbild loszulassen und in IHM die Trennung von unserem Schöpfer und der Einheit mit der Schöpfung (Sünde) zu überwinden.

Mit der Offenbarung unserer Ebenbildlichkeit in Christus (dem menschgewordenen Ebenbild Gottes) werden wir eins mit IHM. Wir werden zwar wie ER eines „natürlichen“ Todes sterben, aber dieser Tod wird nur unseren irdischen Leib betreffen. Die göttliche Seite unseres Wesens ist ewig (unabhängig von Raum und Zeit existent). Der gottebenbildliche Teil unserer Persönlichkeit wird auferstehen, weil der Teil in uns, der göttlich ist, schon immer als Wesenszug Gott lebte und wir, – als Teil SEINES göttlichen Wesens, ewig sind. Es stirbt nur der Teil unserer Person, der durch die Auswirkungen der Sünde, die an Raum und Zeit gebunden ist, weiterhin verführbar war. Insofern stirbt nur der Teil unseres Lebens, der Illusion oder Lüge war. Auch wenn Christen nach unserer Bekehrung hin und wieder auf die Illusion der Weltbühnen hereinfallen, kann uns das unserer Identität in Christus nicht mehr berauben. Wenn wir es zulassen, dass der Heilige Geist alle Bereiche unseres Lebens von falschen Gedanken reinigt, dann befreit ER uns von der Herrschaft der Triebe und der Verwirrung der Mächte und Gewalten, mit denen das Fleisch unsere Seele wieder an sich binden will.

Indem Christus durch den Heiligen Geist immer mehr alle Lebensbereiche und jeden Gedanken erfasst und neu ausrichtet (Gericht), werden wir, obwohl wir auf der Erde leben, immer mehr dem Einflussbereich der Sünde entzogen. Die Bibel benutzt dafür das Wort Heiligung und Beschneidung der Herzen. Das heißt nicht, dass wir nicht mehr ganz „normal“ auf der Erde leben würden, aber es bedeutet, dass unser Seele sich nicht mehr an den sichtbaren, irdischen Impulsen/Täuschungen orientiert, – auch nicht an dem Gewissen (als moralische Erfolgsinstanz) sondern dass unsere Persönlichkeit, – unser Denken, Fühlen und Handeln durch den Geist und das Wesen Christi geprägt sind. So empfangen wir täglich die Fülle des (erfolgreichen) Lebens.

Frank H. Wilhelmi, Juni 2020